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BAG, Ur­teil vom 10.02.2009, 3 AZR 727/07

   
Schlagworte: Betriebsrente, Betriebliche Altersversorgung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 3 AZR 727/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.02.2009
   
Leitsätze:

1. Bei der Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG ist die wirtschaftliche Lage des versorgungspflichtigen Arbeitgebers entscheidend. Die Einbindung in einen Konzern ändert daran grundsätzlich nichts.

2. Auf eine schlechte wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft oder des Gesamtkonzerns kann es nur dann ankommen, wenn am Anpassungsstichtag ausreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in den nächsten drei Jahren die im Konzern bestehenden Schwierigkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Tochterunternehmen "durchschlagen" werden, und zwar in einem für die Betriebsrentenanpassung relevanten Umfang.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Solingen, Urteil vom 28.03.2007, 3 Ca 949/06 lev Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.08.2007, 4 Sa 1097/07
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


3 AZR 727/07
4 Sa 1097/07
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Düssel­dorf

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

10. Fe­bru­ar 2009

UR­TEIL

Kauf­hold, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 10. Fe­bru­ar 2009 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Rei­ne­cke, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krem­hel­mer und die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Schlewing so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Hauschild und Dr. Schmidt für Recht er­kannt:
 


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1. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 22. Au­gust 2007 - 4 Sa 1097/07 - auf­ge­ho­ben.


2. Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, die Be­triebs­ren­te des Klägers zum 1. Ja­nu­ar 2006 zu erhöhen.

Die Be­klag­te, ei­ne Brems­be­lag­her­stel­le­rin, ist Rechts­nach­fol­ge­rin der ehe­ma­li­gen Ar­beit­ge­be­rin des Klägers und gewährt ihm seit dem 1. Ja­nu­ar 2003 ei­ne mo­nat­li­che Be­triebs­ren­te in Höhe von 8.310,68 Eu­ro. Die Ver­sor­gungs­schuld­ne­rin gehörte ei­nem Kon­zern an, der von der T KG und de­ren Rechts­nach­fol­ge­rin, der T GmbH, ge­lei­tet wur­de. Zwi­schen der Mut­ter- und der Toch­ter­ge­sell­schaft be­stand ein Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag, der mit Ver­ein­ba­rung vom 11. No­vem­ber 2003 verlängert wur­de. Im Jah­re 2005 wur­de ei­ne neue, dop­pel­stu­fi­ge Hol­ding­struk­tur ge­schaf­fen. Die S Li­mi­ted mit Sitz in Großbri­tan­ni­en über­nahm al­le An­tei­le an der T GmbH. Die deut­sche Ober­ge­sell­schaft übte wei­ter­hin die Lei­tungs­macht über die Be­klag­te aus, oh­ne selbst ein ope­ra­ti­ves Geschäft zu be­trei­ben. Ih­re Erträge er­ga­ben sich im We­sent­li­chen „aus Aus­lei­hun­gen von Fi­nanz­an­la­ge­vermögen an ver­bun­de­ne Un­ter­neh­men, aus kon­zern­in­ter­nen Ge­winn­abführungs­verträgen so­wie aus Zin­sen und ähn­li­chen Erträgen“.


Die Be­klag­te war nicht be­reit, die Be­triebs­ren­te des Klägers zum 1. Ja­nu­ar 2006 an­zu­pas­sen. Ei­ne von der D GmbH im Auf­trag des T Kon­zerns ge­fer­tig­te „gut­ach­ter­li­che Stel­lung­nah­me zur An­pas­sung der Be­triebs­ren­ten gemäß § 16 Be­trAVG An­pas­sungs­stich­ta­ge 1.1.2005, 1.7.2005 und 1.1.2006“

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ge­lang­te zu fol­gen­dem „zu­sam­men­fas­sen­den Er­geb­nis der durch­geführ­ten Sub­stanz­er­hal­tungs­ana­ly­se“:

„Wird bei der An­pas­sungs­ent­schei­dung auf die wirt­schaft­li­che La­ge der Toch­ter­ge­sell­schaf­ten ... T F GmbH als Ar­beit­ge­ber und Ver­sor­gungs­schuld­ner ab­ge­stellt, so ist aus­rei­chend Po­ten­ti­al für ei­ne Ren­ten­an­pas­sung zu den Stich­ta­gen 1.1.2005, 1.7.2005 und 1.1.2006 vor­han­den, wenn man da­von aus­geht, dass sich in den Jah­ren 2006 bis 2008 kei­ne we­sent­li­chen Ver­schlech­te­run­gen an der wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on und ins­be­son­de­re der Er­trags­la­ge die­ser Ge­sell­schaf­ten er­ge­ben wer­den.

...

Für die T F GmbH beträgt das An­pas­sungs­po­ten­ti­al im Zeit­raum 2002 bis 2005 ku­mu­liert T € 44.924.

...

Bei Zu­grun­de­le­gung ei­nes Be­rech­nungs­durch­griffs auf die Ober­ge­sell­schaft T GmbH bzw. den T Kon­zern ist da-ge­gen kein Ren­ten­an­pas­sungs­po­ten­ti­al vor­han­den, da die Ren­ten­an­pas­sung nicht aus den si­gni­fi­kant ne­ga­ti­ven Jah­res­er­geb­nis­sen der Ge­sell­schaft bzw. des Kon­zerns ge­leis­tet wer­den kann. Vor­aus­ge­setzt wird da­bei, dass in den Jah­ren 2006 bis 2008 kei­ne we­sent­li­chen Ver­bes­se­run­gen der wirt­schaft­li­chen La­ge zu er­war­ten sind.

...

Die T GmbH (vor­mals: T KG) war eben­so wie die ge­sam­te Kon­zern­grup­pe in den Geschäfts­jah­ren 2002 bis 2005 durchgängig bi­lan­zi­ell über­schul­det. Durch die er­ziel­ten Jah­res­fehl­beträge wur­de tief in die Un­ter­neh­mens­sub­stanz ein­ge­grif­fen.

Ei­ne An­pas­sung der Be­triebs­ren­ten zu den Stich­ta­gen 1.1.2005, 1.7.2005 und 1.1.2006 würde zu ei­ner wei­te­ren Gefähr­dung der Hol­ding­ge­sell­schaft und der ge­sam­ten Un­ter­neh­mens­grup­pe führen. ...“


Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te sei ver­pflich­tet, sei­ne Be­triebs­ren­te zum 1. Ja­nu­ar 2006 min­des­tens um 5,1 % ent­spre­chend dem An­stieg des Ver­brau­cher­preis­in­de­xes zu erhöhen. Es kom­me we­der auf die wirt­schaft­li­che La­ge des Kon­zerns noch die der Mut­ter­ge­sell­schaft an. Maßge­bend sei al­lein die wirt­schaft­li­che La­ge der Be­klag­ten. Der Kläger hat be­haup­tet, die Be­klag­te sei aus ei­ge­ner Kraft über­le­bensfähig; ei­ne schlech­te
 


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wirt­schaft­li­che La­ge des Kon­zerns wir­ke sich nicht au­to­ma­tisch nach­tei­lig auf die Be­klag­te als Toch­ter­ge­sell­schaft aus. Die Grundsätze des Be­rech­nungs­durch­griffs hat der Kläger im vor­lie­gen­den Fall für nicht an­wend­bar ge­hal­ten. Sie würden nicht zu Las­ten der Ver­sor­gungs­empfänger gel­ten.

Der Kläger hat be­an­tragt, 


die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn ab dem 1. Ja­nu­ar 2006 ei­ne Be­triebs­ren­te zu zah­len, die im Verhält­nis zur der­zeit ge­zahl­ten Be­triebs­ren­te von 8.310,68 Eu­ro brut­to an­ge­mes­sen erhöht ist, wo­bei der Erhöhungs­be­trag in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, aus wirt­schaft­li­chen Erwägun­gen nicht zu der ge­for­der­ten An­pas­sung ver­pflich­tet zu sein. Wenn ein Kon­zern­be­zug zu­guns­ten der Be­triebs­rent­ner berück­sich­tigt wer­den könne, müsse dies auch zu­guns­ten des an­pas­sungs­ver­pflich­te­ten Ar­beit­ge­bers möglich sein. Ei­ne schlech­te wirt­schaft­li­che La­ge des Kon­zerns könne so­gar den Wi­der­ruf ei­ner Ver­sor­gungs­zu­sa­ge und erst recht die Ab­leh­nung ei­ner An­pas­sung lau­fen­der Be­triebs­ren­ten recht­fer­ti­gen. Der Kon­zern­be­zug könne die ei­ge­ne wirt­schaft­li­che La­ge ei­nes Toch­ter­un­ter­neh­mens prägen. Die Be­klag­te hat be­haup­tet, dass im vor­lie­gen­den Fall al­le Kon­zern­ge­sell­schaf­ten von­ein­an­der abhängig sei­en und ei­ne „Schick­sals­ge­mein­schaft“ bil­de­ten. Es be­ste­he nicht nur ein Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag. Die Be­klag­te haf­te zu­dem für Ver­bind­lich­kei­ten der T GmbH und ha­be für die­se Ver­bind­lich­kei­ten in er­heb­li­chen Um­fang Si­cher­hei­ten ge­leis­tet. Die lau­fen­de Fi­nan­zie­rung der Be­klag­ten sei aus­sch­ließlich über den Kon­zern er­folgt. Die Kre­dit­ge­ber hätten die T-Grup­pe auf die Ein­hal­tung stren­ger Fi­nanz­kenn­zah­len ver­pflich­tet. Bei Nich­terfüllung die­ser Kenn­zah­len hätten die Kre­di­te so­fort fällig ge­stellt wer­den können. Auch tech­nisch und or­ga­ni­sa­to­risch sei die Be­klag­te eng in den Kon­zern ein­ge­bun­den ge­we­sen. We­gen die­ser Ver­flech­tun­gen führe ei­ne In­sol­venz der Mut­ter­ge­sell­schaft zwin­gend zu ei­ner In­sol­venz der Be­klag­ten. Die Nicht­an­pas­sung der Ver­sor­gungs­leis­tun­gen hätte ei­nen an­ge­mes­se­nen Bei­trag der Be­triebs­rent­ner zur Sa­nie­rung des Kon­zerns dar­ge­stellt. Die An­teils­eig­ner, die


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ak­ti­ven Ar­beit­neh­mer, die Ar­beits­ver­wal­tung und die Fi­nanz­ver­wal­tung hätten eben­falls die Sa­nie­rungs­bemühun­gen un­terstützt.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben und die Be­klag­te ver­ur­teilt, an den Kläger 5.933,76 Eu­ro (= 14 x 423,84 Eu­ro) für die Zeit von Ja­nu­ar 2006 bis ein­sch­ließlich Fe­bru­ar 2007 und ab 1. März 2007 zusätz­lich zu der mo­nat­li­chen Be­triebs­ren­te in Höhe von 8.310,68 Eu­ro je­weils wei­te­re 423,84 Eu­ro zu zah­len. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen. Mit ih­rer am 8. Ok­to­ber 2007 ein­ge­leg­ten Re­vi­si­on möch­te die Be­klag­te die Ab­wei­sung der Kla­ge er­rei­chen. Während des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens ha­ben so­wohl die Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaft T GmbH als auch die Be­klag­te ei­nen In­sol­venz­an­trag ge­stellt. Mit Be­schluss des Amts­ge­richts K vom 8. De­zem­ber 2008 ist Rechts­an­walt K zum vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt wor­den. Das In­sol­venz­ge­richt hat le­dig­lich an-ge­ord­net, dass Verfügun­gen der Be­klag­ten über Ge­genstände ih­res Vermögens nur noch mit Zu­stim­mung des vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ters wirk­sam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 In­sO).


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­gründet. Sie führt zur Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Die­ses hat noch wei­ter auf­zuklären, ob die wirt­schaft­li­che La­ge der Be­klag­ten am 1. Ja­nu­ar 2006 die Nicht­erhöhung der Be­triebs­ren­te recht­fer­tig­te.


A. Das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist nicht nach § 240 Satz 2 ZPO da­durch un­ter­bro­chen wor­den, dass Rechts­an­walt K in dem In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Be­klag­ten zum vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt wor­den ist. Ei­ne Un­ter­bre­chung nach § 240 Satz 2 ZPO setzt vor­aus, dass die Ver­wal­tungs- und Verfügungs­be­fug­nis über das Vermögen des Schuld­ners auf den vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter über­geht. Ein ent­spre­chen­der Be­schluss nach § 22 Abs. 1 Satz 1 In­sO hat im vor­lie­gen­den Fall nicht vor­ge­le­gen. Das
 


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In­sol­venz­ge­richt hat der Be­klag­ten nur ei­nen Zu­stim­mungs­vor­be­halt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 In­sO auf­er­legt. Dies reicht für ei­ne Un­ter­bre­chung des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens nicht aus (vgl. BGH 21. Ju­ni 1999 - II ZR 70/98 - zu I der Gründe, NJW 1999, 2822).

B. Die Kla­ge ist zulässig. Sie genügt dem Be­stimmt­heits­er­for­der­nis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat be­an­tragt, sei­ne Be­triebs­ren­te „an­ge­mes­sen“ zu erhöhen, „wo­bei der Erhöhungs­be­trag in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt“ wor­den ist. Ein be­zif­fer­ter An­trag ist nicht er­for­der­lich, wenn das Ge­richt den zu zah­len­den Be­trag nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB rechts­ge­stal­tend be­stimmt. § 16 Be­trAVG räumt dem Ar­beit­ge­ber ein Leis­tungs­be­stim­mungs­recht ein. Der Ver­sor­gungs­empfänger kann die An­pas­sungs­ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers in ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Ge­richt über­prüfen las­sen (vgl. ua. BAG 17. Ok­to­ber 1995 - 3 AZR 881/94 - zu I der Gründe, BA­GE 81, 167). Je­den­falls mit der An­ga­be des an­spruchs­be­gründen­den Sach­ver­halts und ei­nes Min­dest­be­trags ist das Be­stimmt­heits­ge­bot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfüllt (vgl. BAG 31. Ju­li 2007 - 3 AZR 810/05 - Rn. 11, BA­GE 123, 319). Der Kläger hat zwar den Min­dest­be­trag nicht be­zif­fert. Er hat aber be­reits in der Kla­ge­schrift aus­geführt, dass er zum 1. Ja­nu­ar 2006 zu­min­dest ei­ne 5,1-pro­zen­ti­ge Erhöhung sei­ner Be­triebs­ren­te be­geh­re. Dar­aus er­gibt sich ein­deu­tig, dass er für die Zeit ab 1. Ja­nu­ar 2006 min­des­tens wei­te­re 423,84 Eu­ro mo­nat­lich for­dert.


C. Der Se­nat kann nicht ab­sch­ließend ent­schei­den, ob die Kla­ge be­gründet ist. Ent­schei­dend ist, wie sich die wirt­schaft­li­che La­ge des Un­ter­neh­mens zum An­pas­sungs­stich­tag 1. Ja­nu­ar 2006 dar­stell­te. Da­zu be­darf es noch wei­te­rer tatsäch­li­cher Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts.


I. Bei der An­pas­sungs­ent­schei­dung nach § 16 Be­trAVG sind die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger und die wirt­schaft­li­che La­ge des Ar­beit­ge­bers zu berück­sich­ti­gen. Die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger wer­den durch den An­pas­sungs­be­darf be­stimmt. Die­ser er­gibt sich aus dem zwi­schen­zeit­lich ein­ge­tre­te­nen Kauf­kraft­ver­lust. Die maßgeb­li­che Preis­stei­ge­rungs­ra­te beläuft
 


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sich im vor­lie­gen­den Fall auf 5,1 %. Darüber be­steht zwi­schen den Par­tei­en kein Streit.

II. Die wirt­schaft­li­che La­ge des Ar­beit­ge­bers recht­fer­tigt die Ab­leh­nung ei­ner Be­triebs­ren­ten­an­pas­sung in­so­weit, als das Un­ter­neh­men da­durch übermäßig be­las­tet und sei­ne Wett­be­werbsfähig­keit gefähr­det würde. Die­se Vor­aus­set­zung ist dann erfüllt, wenn der Ar­beit­ge­ber an­neh­men darf, dass es ihm mit hin­rei­chen­der Wahr­schein­lich­keit nicht möglich sein wird, den Teue­rungs­aus­gleich aus den Un­ter­neh­menserträgen und den verfügba­ren Wert­zuwäch­sen des Un­ter­neh­mens­vermögens auf­zu­brin­gen (vgl. ua. BAG 18. Fe­bru­ar 2003 - 3 AZR 172/02 - zu A II 2 a und d bb (1) der Gründe, BA­GE 105, 72). Dem­gemäß kommt es auf die vor­aus­sicht­li­che Ent­wick­lung der Ei­gen­ka­pi­tal­ver­zin­sung und der Ei­gen­ka­pi­tal­aus­stat­tung des Un­ter­neh­mens an. Bei ei­ner un­genügen­den Ei­gen­ka­pi­tal­ver­zin­sung reicht die Er­trags­kraft des Un­ter­neh­mens nicht aus. Die an­ge­mes­se­ne Ei­gen­ka­pi­tal­ver­zin­sung be­steht aus ei­nem Ba­sis­zins und ei­nem Ri­si­ko­zu­schlag. Der Ba­sis­zins ent­spricht der Um­lauf­ren­di­te öffent­li­cher An­lei­hen. Der Ri­si­ko­zu­schlag beträgt für al­le Un­ter­neh­men ein­heit­lich zwei Pro­zent (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 146/99 - zu II 2 der Gründe, AP Be­trAVG § 16 Nr. 45 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 37; 18. Fe­bru­ar 2003 - 3 AZR 172/02 - zu A II 2 a der Gründe, aaO). Die wirt­schaft­li­che Be­last­bar­keit des Un­ter­neh­mens ist auch dann be­ein­träch­tigt, wenn die Ei­gen­ka­pi­tal­aus­stat­tung un­genügend ist. Bei ei­ner Ei­gen­ka­pi­tal­aus­zeh­rung muss ver­lo­re­ne Vermögens­sub­stanz wie­der auf­ge­baut wer­den (vgl. da­zu ua. BAG 23. Ja­nu­ar 2001 - 3 AZR 287/00 - zu 2 der Gründe, AP Be­trAVG § 16 Nr. 46 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 38; 13. De­zem­ber 2005 - 3 AZR 217/05 - Rn. 19, BA­GE 116, 285).

So­lan­ge und so­weit der Ver­sor­gungs­schuld­ner leis­tungsfähig ist, muss er die ge­setz­lich vor­ge­se­he­ne An­pas­sung vor­neh­men. Die Nicht­an­pas­sung ist der Aus­nah­me­fall (BAG 11. März 2008 - 3 AZR 358/06 - Rn. 53, AP Um­wG § 131 Nr. 1 = EzA Be­trAVG § 4 Nr. 7). § 16 Be­trAVG soll ei­ner Ent­wer­tung der lau­fen­den Be­triebs­ren­ten be­geg­nen. Der Ar­beit­ge­ber darf ei­ne dem Kauf­kraft­ver­lust oder der Re­al­lohn­ent­wick­lung ent­spre­chen­de An­pas­sung nur dann
 


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ab­leh­nen, wenn er mit ho­her Wahr­schein­lich­keit da­mit rech­nen muss, dass sei­nem Un­ter­neh­men die er­for­der­li­che wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit feh­len wer­de. Ob dies im vor­lie­gen­den Fall zu­trifft, hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt noch auf­zuklären.

1. Ent­schei­dend sind die Verhält­nis­se im Un­ter­neh­men des ver­sor­gungs­pflich­ti­gen Ar­beit­ge­bers. Nach § 16 Be­trAVG wird die An­pas­sungs­prüfung vom „Ar­beit­ge­ber“ ge­schul­det. Dar­un­ter ist der Part­ner des Ar­beits­verhält­nis­ses zu ver­ste­hen, den die Pflich­ten aus der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge tref­fen (vgl. ua. BAG 28. Ju­li 2005 - 3 AZR 463/04 - Rn. 16, AP Be­trAVG § 16 Nr. 59 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 46; 25. April 2006 - 3 AZR 50/05 - Rn. 39, EzA Be­trAVG § 16 Nr. 49). Dem­ent­spre­chend kommt es auf die wirt­schaft­li­che La­ge im Un­ter­neh­men der Be­klag­ten an. Die Ein­bin­dung der Be­klag­ten in ei­nen Kon­zern ändert dar­an nichts.

a) Der sog. Be­rech­nungs­durch­griff spielt im vor­lie­gen­den Fall kei­ne Rol­le. Ob an den vom Se­nat ent­wi­ckel­ten Grundsätzen zum Be­rech­nungs­durch­griff (vgl. da­zu ua. 4. Ok­to­ber 1994 - 3 AZR 910/93 - zu B II 4 der Gründe, BA­GE 78, 87; 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - zu I 2 b bb der Gründe, BA­GE 83, 1) fest­ge­hal­ten wer­den kann, ist vor al­lem we­gen der neue­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs (vgl. ua. 16. Ju­li 2007 - II ZR 3/04 - BGHZ 173, 246; 28. April 2008 - II ZR 264/06 - BGHZ 176, 204) zwei­fel­haft. Die­se Fra­ge kann hier of­fen­blei­ben, denn ein sog. Be­rech­nungs­durch­griff schei­det be­reits nach sei­nem In­halt und sei­nem Zweck aus. Durch ei­nen Be­rech­nungs­durch­griff wird berück­sich­tigt, dass die Ar­beit­neh­mer ei­nes kon­zern­ver­bun­de­nen Un­ter­neh­mens be­son­de­ren Ge­fah­ren aus­ge­setzt sind. „Auf­grund des ar­beits­recht­li­chen Schutz­prin­zips und der in §§ 302 und 304 AktG zum Aus­druck ge­kom­me­nen Rechts­ge­dan­ken“ er­schien es dem Se­nat un­ter Berück­sich­ti­gung der frühe­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ge­bo­ten und an-ge­mes­sen, die Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten trotz des auch im Kon­zern gel­ten­den Tren­nungs­prin­zips im Er­geb­nis so zu stel­len, als wären sie in ei­nem kon­zer­nun­ge­bun­de­nen Un­ter­neh­men beschäftigt ge­we­sen (4. Ok­to­ber 1994 - 3 AZR 910/93 - zu B II 4 b (2) der Gründe, aaO). Mit Hil­fe des Be­rech­nungs­durch­griffs
 


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sol­len nicht die Kon­zer­ne und de­ren Un­ter­neh­men, son­dern die Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten geschützt wer­den. Dem Ver­sor­gungs­schuld­ner soll nicht die Möglich­keit eröff­net wer­den, ei­ne nach sei­ner ei­ge­nen wirt­schaft­li­chen La­ge trag­ba­re An­pas­sung zu ver­wei­gern.


b) Vom Be­rech­nungs­durch­griff ist die Fra­ge zu un­ter­schei­den, wie sich fi­nan­zi­el­le, tech­ni­sche, or­ga­ni­sa­to­ri­sche oder sons­ti­ge Ver­flech­tun­gen auf die wirt­schaft­li­che La­ge des ver­sor­gungs­pflich­ti­gen Ar­beit­ge­bers aus­wir­ken. Auch oh­ne Ein­bin­dung in ei­nen Kon­zern können Abhängig­kei­ten be­ste­hen und sich da­durch ex­ter­ne Kri­sen auf die Be­last­bar­keit des Ver­sor­gungs­schuld­ners aus­wir­ken, wie et­wa in der Zu­lie­fe­rer­in­dus­trie. Ob und in­wie­weit sich durch Ent­wick­lun­gen außer­halb des Un­ter­neh­mens des­sen wirt­schaft­li­che La­ge ver­schlech­tern kann, hängt zum ei­nen da­von ab, in wel­chem Um­fang das Un­ter­neh­men der­ar­ti­gen Ein­flüssen aus­ge­setzt ist. Zum an­de­ren kommt es dar­auf an, wie rasch und ef­fek­tiv der Ver­sor­gungs­schuld­ner auf ne­ga­ti­ve Ent­wick­lun­gen außer­halb sei­nes Un­ter­neh­mens re­agie­ren kann. Die­se Über­le­gun­gen gel­ten auch für Abhängig­kei­ten in ei­nem Kon­zern.

aa) Der Se­nat ist be­reits in den Ur­tei­len vom 18. April 1989 (- 3 AZR 299/87 - zu B 3 b der Gründe, BA­GE 61, 273) und vom 25. Ja­nu­ar 2000 (- 3 AZR 862/98 - zu IV 3 der Gründe) da­von aus­ge­gan­gen, dass die wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit ei­nes Un­ter­neh­mens durch Ent­wick­lun­gen des Kon­zerns, dem es an­gehört, maßgeb­lich be­stimmt wer­den kann. Im Ur­teil vom 25. Ja­nu­ar 2000 ist so­gar der Wi­der­ruf ei­ner Ver­sor­gungs­zu­sa­ge we­gen wirt­schaft­li­cher Not­la­ge ge­bil­ligt wor­den, wenn die Kri­se des Mut­ter­un­ter­neh­mens we­gen der be­ste­hen­den Abhängig­kei­ten auf das Toch­ter­un­ter­neh­men „durch­schlägt“. Die An­for­de­run­gen an ei­nen nur bis zum 31. De­zem­ber 1998 zulässi­gen Wi­der­ruf ei­ner Ver­sor­gungs­zu­sa­ge we­gen wirt­schaft­li­cher Not­la­ge (vgl. da­zu BAG 31. Ju­li 2007 - 3 AZR 373/06 - Rn. 27 ff., BA­GE 123, 307) wa­ren höher als die An­for­de­run­gen an die Ab­leh­nung ei­ner Be­triebs­ren­ten­an­pas­sung. Bei der Be­ur­tei­lung der wirt­schaft­li­chen La­ge iSd. § 16 Abs. 1 Be­trAVG können die Kri­te­ri­en her­an­ge­zo­gen wer­den, die bei Ein­grif­fen in die „er­dien­te Dy­na­mik“ und die dafür er­for­der­li­chen „trif­ti­gen Gründe“ gel­ten (BAG
 


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13. De­zem­ber 2005 - 3 AZR 217/05 - Rn. 18 ff., BA­GE 116, 285). Recht­fer­tigt die wirt­schaft­li­che La­ge des Un­ter­neh­mens Ein­grif­fe in die zu­ge­sag­te „er­dien­te Dy­na­mik“, so liegt es erst recht im bil­li­gen Er­mes­sen des Ar­beit­ge­bers, die An­pas­sung lau­fen­der Be­triebs­ren­ten ab­zu­leh­nen. Im Ur­teil vom 18. April 1989 (- 3 AZR 299/87 - BA­GE 61, 273) hat der Se­nat die wirt­schaft­li­chen Fol­gen ei­ner kon­zern­be­ding­ten Abhängig­keit als „trif­ti­gen Grund“ für Ein­grif­fe in die „er­dien­te Dy­na­mik“ an­ge­se­hen.


bb) Un­er­heb­lich ist es, ob die Abhängig­keit von an­de­ren Kon­zern­un­ter­neh­men auf ei­nem be­son­de­ren Fi­nan­zie­rungs­sys­tem, ei­ner weit­ge­hen­den Ar­beits­tei­lung und Spe­zia­li­sie­rung, dem Feh­len ei­ge­ner per­so­nel­ler, or­ga­ni­sa­to­ri­scher oder tech­ni­scher Res­sour­cen oder auf an­de­ren Gründen be­ruht. Die Be­klag­te hat dar­ge­legt, wes­halb ih­rer An­sicht nach zwi­schen ihr und dem Kon­zern ei­ne „Schick­sals­ge­mein­schaft“ be­stan­den ha­be. Der Kläger hat die­sen Vor­trag weit­ge­hend be­strit­ten. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat - von sei­nem Rechts­stand­punkt aus ge­se­hen fol­ge­rich­tig - we­der Be­weis er­ho­ben noch die Be­klag­te auf­ge­for­dert, ih­ren Sach­vor­trag wei­ter zu sub­stan­ti­ie­ren, noch auf­geklärt, wie groß am An­pas­sungs­stich­tag die Ge­fahr war, dass sich die wirt­schaft­li­che La­ge ih­res ei­ge­nen Un­ter­neh­mens in ei­nem für die Be­triebs­ren­ten­an­pas­sung re­le­van­ten Um­fang ver­schlech­tert.

2. Selbst wenn ei­ne „Schick­sals­ge­mein­schaft“ zwi­schen dem Un­ter­neh­men der Be­klag­ten und dem Kon­zern be­stan­den hat, recht­fer­tig­ten die da­mit ver­bun­de­nen abs­trak­ten Ge­fah­ren die Ab­leh­nung ei­ner Be­triebs­ren­ten­an­pas­sung für sich al­lein noch nicht. Am An­pas­sungs­stich­tag muss­te sich be­reits kon­kret ab­zeich­nen, dass we­gen der be­ste­hen­den kon­zern­in­ter­nen Abhängig­kei­ten die wirt­schaft­li­che Kri­se des Kon­zerns auf das Un­ter­neh­men der Be­klag­ten „durch­schla­gen“ würde, und zwar in ei­nem sol­chen Um­fang, dass die­ses Un­ter­neh­men durch ei­ne An­pas­sung der Be­triebs­ren­ten über­for­dert würde. Bei der Über­prüfung der Pro­gno­se können des­halb un­ter­schied­li­che An­pas­sungs­stich­ta­ge Be­deu­tung ge­win­nen.

a) Am An­pas­sungs­stich­tag 1. Ja­nu­ar 2006 war zwar nach dem von der D 21
GmbH er­stell­ten Sub­stanz­er­hal­tungs­gut­ach­ten „aus­rei­chen­des Po­ten­ti­al für

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ei­ne Ren­ten­an­pas­sung vor­han­den“. Ent­schei­dend ist aber, ob ei­ne Erhöhung der Be­triebs­ren­ten und die da­durch ent­ste­hen­de künf­ti­ge Be­las­tung für das Un­ter­neh­men trag­bar ist. Da es auf die vor­aus­sicht­li­che künf­ti­ge wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit des Un­ter­neh­mens an­kommt, ist ei­ne Pro­gno­se zu er­stel­len (vgl. ua. BAG 18. Fe­bru­ar 2003 - 3 AZR 172/02 - zu A II 2 b der Gründe, BA­GE 105, 72). Bei der Einschätzung der wirt­schaft­li­chen La­ge des Un­ter­neh­mens zum An­pas­sungs­stich­tag stand der Be­klag­ten als Ar­beit­ge­be­rin ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu. Ih­re Pro­gno­se muss­te je­doch rea­litäts­ge­recht und ver­tret­bar ge­we­sen sein. Dies setz­te vor­aus, dass be­reits am An­pas­sungs­stich­tag Tat­sa­chen vor­la­gen, die auf ei­ne der Be­triebs­ren­ten­an­pas­sung ent­ge­gen­ste­hen­de Ver­schlech­te­rung der ei­ge­nen wirt­schaft­li­chen La­ge der Be­klag­ten aus­rei­chend kon­kret hin­deu­te­ten. Für ei­ne der­ar­ti­ge Verände­rung muss­te ei­ne ho­he Wahr­schein­lich­keit spre­chen.

b) Da es auf die vor­aus­sicht­li­che wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens der Be­klag­ten an­kommt, genügte es nicht, dass sich an­de­re Kon­zern­un­ter­neh­men oder der Ge­samt­kon­zern in wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten be­fan­den. Am An­pas­sungs­stich­tag muss­te außer­dem die große Ge­fahr be­stan­den ha­ben, dass die Kon­zern­kri­se auch die wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit des Un­ter­neh­mens der Be­klag­ten be­ein­träch­tigt. Ei­ne der­ar­ti­ge Ge­fahr lässt sich nicht schon dar­aus her­lei­ten, dass nicht nur die deut­sche Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaft, son­dern auch die Be­klag­te während des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens die Eröff­nung ei­nes In­sol­venz­ver­fah­rens be­an­trag­te und ein vorläufi­ger In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt wur­de.


Die nach dem An­pas­sungs­stich­tag zu ver­zeich­nen­den wirt­schaft­li­chen Da­ten können al­ler­dings die Pro­gno­se des Ar­beit­ge­bers bestäti­gen oder ent­kräften. Da­durch können sie die Dar­le­gungs- und Be­weis­last be­ein­flus­sen (vgl. ua. BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 83/99 - zu II 2 a der Gründe, AP Be­trAVG § 16 Nr. 43 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 35). Wel­che Be­deu­tung dem späte­ren wirt­schaft­li­chen Ge­sche­hen für die Über­prüfung der Pro­gno­se zu­kommt, hängt von den zeit­li­chen Zu­sam­menhängen und den Ur­sa­chen der nachträgli­chen Ent­wick­lung ab. Je später die Kri­se im Un­ter­neh­men des Ver­sor­gungs-

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schuld­ners ein­tritt, des­to we­ni­ger eig­net sie sich als In­diz für die Rich­tig­keit der frühe­ren ne­ga­ti­ven Pro­gno­se. Im vor­lie­gen­den Fall ist außer­dem zu prüfen, ob außer­halb des Kon­zerns lie­gen­de Verände­run­gen zur In­sol­venz der Be­klag­ten bei­tru­gen, ob oh­ne sie die kon­zern­in­ter­nen Abhängig­kei­ten über­haupt zum Tra­gen ge­kom­men wären, wann und wie sich die­se Ent­wick­lun­gen kon­kret ab­zeich­ne­ten. Ins­be­son­de­re ist auf­zuklären, ob später auf­tre­ten­de, am An­pas­sungs­stich­tag noch nicht vor­her­seh­ba­re Schwie­rig­kei­ten in der Au­to­mo­bil­in­dus­trie für den Zu­sam­men­bruch des Un­ter­neh­mens der Be­klag­ten ent­schei­dend wa­ren.

c) Wel­che Rol­le das Kon­zern­sa­nie­rungs­kon­zept für die Pro­gno­se spiel­te, hing vor al­lem von In­halt, An­lass und Er­folgs­aus­sich­ten die­ses Kon­zepts ab. Falls es selbst bei ei­ner An­pas­sung der Be­triebs­ren­ten durch die Be­klag­te er­folg­ver­spre­chend war, spricht dies ge­gen ei­ne ne­ga­ti­ve Pro­gno­se. Ei­ne der­ar­ti­ge Einschätzung konn­te je­doch dann ge­recht­fer­tigt sein, wenn das Sa­nie­rungs­kon­zept „Op­fer“ der Ver­sor­gungs­empfänger in Form ei­ner vorüber­ge­hen­den Nicht­an­pas­sung der Be­triebs­ren­ten vor­aus­setz­te und oh­ne die Ver­wirk­li­chung des Sa­nie­rungs­kon­zepts mit großer Wahr­schein­lich­keit da­mit zu rech­nen war, dass das Un­ter­neh­men der Be­klag­ten die ge­bo­te­ne Er­trags­kraft ver­liert oder das Ei­gen­ka­pi­tal aus­ge­zehrt wird.

d) Für die Ver­tret­bar­keit oder Nicht­ver­tret­bar­keit ei­ner ne­ga­ti­ven Pro­gno­se kann es le­dig­lich ein In­diz sein, wie die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en, Be­triebs­part­ner, Gläubi­ger, So­zi­al­ver­si­che­rungs­träger und Fi­nanzämter da­mals die wirt­schaft­li­che La­ge des Un­ter­neh­mens der Ver­sor­gungs­schuld­ne­rin einschätz­ten. Da­bei ist zu be­ach­ten, wann, auf­grund wel­cher Tat­sa­chen und nach wel­chen Kri­te­ri­en die­se ih­re Ent­schei­dun­gen tra­fen. Auch in­so­weit darf die Un­ter­schei­dung zwi­schen dem Ge­samt­kon­zern und der Be­klag­ten nicht außer Acht ge­las­sen wer­den.


3. Die Be­klag­te als ver­sor­gungs­pflich­ti­ge Ar­beit­ge­be­rin ist dafür dar­le­gungs- und be­weis­pflich­tig, dass die der Nicht­an­pas­sung zu­grun­de lie­gen­de Pro­gno­se ver­tret­bar war und die ge­trof­fe­ne An­pas­sungs­ent­schei­dung
 


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da­mit bil­li­gem Er­mes­sen ent­sprach. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last er­streckt sich auf al­le die An­pas­sungs­ent­schei­dung be­ein­flus­sen­den Umstände (BAG 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - zu II 5 der Gründe, AP Be­trAVG § 1 Aus­le­gung Nr. 1). Bei dem An­pas­sungs­kri­te­ri­um „wirt­schaft­li­che La­ge“ kommt hin­zu, dass Sach­vor­trag und Be­weis­an­ge­bo­te in der Re­gel von der Par­tei zu ver­lan­gen sind, die über die maßgeb­li­chen Umstände Aus­kunft ge­ben kann und über die ent­spre­chen­den Be­weis­mit­tel verfügt. Die­ser Grund­satz gilt vor al­lem dann, wenn es auf die be­son­de­ren In­ter­es­sen ei­ner Par­tei oder de­ren Vermögens­verhält­nis­se an­kommt (BAG 23. April 1985 - 3 AZR 548/82 - zu I 1 b der Gründe, BA­GE 48, 284). Nur der Ar­beit­ge­ber kennt die wirt­schaft­li­che Si­tua­ti­on sei­nes Un­ter­neh­mens im Ein­zel­nen, während den Ver­sor­gungs­empfängern im All­ge­mei­nen aus­rei­chen­de Kennt­nis­se hierüber feh­len (BAG 25. April 2006 - 3 AZR 50/05 - Rn. 53, EzA Be­trAVG § 16 Nr. 49). Die Par­tei­en er­hal­ten Ge­le­gen­heit, ih­ren Sach­vor­trag und ih­re Be­weis­an­ge­bo­te zu ergänzen.


Vors­Ri­BAG Dr. Rei­ne­cke ist durch Ur­laub an der Un­ter­schrift ge­hin­dert. Krem­hel­mer 

Krem­hel­mer 

Schlewing

Schmidt 

G. Hauschild

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